Die Auswirkungen des Ergebnisses des Brexit-Referendums in Großbritannien sind meines Erachtens differenziert zu betrachten:
Zunächst ist der Austritt Großbritanniens sicherlich ein schlechtes Signal für Europa. Es bedeutet geopolitisch eine Schwächung Europas, Europa wird an Einfluss verlieren. Besonders bedenklich ist, dass die Gefahr der ‚Nachahmung‘ von Volksabstimmungen über den Verbleib in der Europäischen Union durch andere Staaten in Europa besteht. Deshalb ist es besonders wichtig, wie die Austrittsverhandlungen geführt werden. So wie von mehreren Seiten zu hören war: Raus ist raus – britische Sonderlösungen darf es nicht geben. Die Strategie, den Nutzen zu erhalten und die Lasten abzugeben, darf kein Verhandlungsgegenstand sein.
Gerade für die Bundesrepublik ist es schmerzhaft, dass mit dem Austritt Großbritanniens ein wichtiger ordnungspolitischer Partner fehlen wird. Großbritannien war neben Deutschland immer einer jener Mitgliedsstaaten, die auf finanzielle Stabilität, Einhaltung der Maastricht Kriterien und marktwirtschaftliche Lösungen gedrängt haben. Durch den Austritt Großbritanniens fehlt uns bei dieser Haltung ein wichtiger Partner; andere europäische Mitgliedsstaaten mit großen Sympathien für staatliche Interventionen könnten dies fälschlicherweise als Rückenwind wahrnehmen.
Schon in den ersten Tagen nach dem Brexit-Referendum hat sich gezeigt, dass die Entscheidung nachhaltige Auswirkungen für die globalen Finanzmärkte hat. Aktienmärkte haben teilweise den stärksten Rückgang seit der Finanzkrise von 2008 durchlebt; Währungen sind zweistellig gefallen. Hier werden die Politik und Notenbanken gegensteuern müssen. Dass dies in einem größeren europäischen Verbund geschehen kann, wird das Instrumentarium erleichtern.
Für die Möbelindustrie wird es unmittelbar auch negative Auswirkungen geben – ich halte sie allerdings für beherrschbar. Die durchschnittliche Exportquote der deutschen Möbelindustrie liegt bei gut 30 %. Die Exporte nach Großbritannien machen ca. 7 % der Gesamtexporte aus. Das bedeutet, dass die Umsätze mit britischen Kunden für die deutsche Möbelindustrie insgesamt mit ca. 2 bis 3 % zu Buche schlagen. Wenn infolge des Brexit die Umsätze mit Großbritannien beispielsweise „nur“ um ein Viertel zurückgehen, macht das zwischen 0,5 und 0,7 % der Gesamtumsätze aus. Dies scheint branchenbezogen verkraftbar.
Ärgerlich könnten allerdings bürokratische Probleme sein im Zusammenhang mit dem dann eingeschränkten freien Warenverkehr. Ob und wie dies eintritt, kann heute nicht gesagt werden. Im Wesentlichen hängt das von den Austrittsverhandlungen und deren Ausgang ab. Lösungen, wie sie z.B. mit Norwegen bestehen, würden den freien Warenverkehr nur marginal einschränken. Eine völlige Trennung könnte den bürokratischen Aufwand dagegen erheblich erhöhen – bis zur Berechnung bzw. Wiedererhebung von Zöllen.
Spannend wird übrigens auch sein, ob und wie sich der Brexit auf Währungsrelationen mit Drittstaaten auswirken werden. Wenn sich z.B. das Kursverhältnis des Euro zum polnischen Zloty verändern würde, könnte dies ganz erhebliche Auswirkungen haben – weil bekanntermaßen Polen der mit Abstand wichtigste Importeur von Möbeln und Holzprodukten nach Deutschland ist. Auch das werden wir im Auge behalten." www.vhk-herford.de
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